Skylitzes, Johannes, byzantinischer Geschichtsschreiber, * um 1050, † nach 1101.
Leben
S. stammte wahrscheinlich aus dem Verwaltungsbezirk Thrakesion (Westküste Kleinasiens), wie aus dem Vorwort der Chronik des Georgios Kedrenos zu schließen ist, der das Geschichtswerk des S. weitgehend wörtlich abschrieb. Aus der Ämterlaufbahn von S. wissen wir nur, daß er als Träger des hohen Hoftitels „Kuropalates“ zeitweise Drungar
tes viglas war - im 11. Jh. kein militärisches Amt mehr, sondern Bezeichnung des kaiserlichen Berufungsrichters in Konstantinopel. Eine Relation des S. vom Jahre 1092 an den Kaiser über die Bezahlung der Conventualpön bei Auflösung von Verlobungen läßt schließen, daß S. am sog. Kippodromgericht tätig war. Das von 811 bis 1057 reichende, nach Regierungszeiten der Kaiser eingeteilte Geschichtswerk des S., die „Synopsis historion“, erhebt sich zwar durch dürre Aneinanderreihung historischer Fakten verbunden mit Erzählungen von Vorzeichen, Wundern und außerordentlichen Naturereignissen nicht über die sonstige byzantinische Chronistik, die von S. bis zur Mitte des 10. Jh.s exzerpiert wird (vor allem Theophanes und Theophanes continuatus). Die Bedeutung liegt in der Verwertung jetzt verlorener Geschichtswerke, die S. in einem, in der byzantinischen Geschichtsschreibung einzig dastehenden Vorwort kritisch aufzählt. Dadurch wird die „Synopsis“ eine hervorragende Quelle für die byzantinische Geschichte der zweiten Hälfte des 10. und der ersten Hälfte des 11. Jh.s vor allem auch für die Entwicklung auf dem Balkan (z.B. Stammesorganisation der Petschenegen, Aufstandsversuche der Bulgaren gegen Byzanz, das blutige Ringen zwischen Byzanz und dem Bulgarenzaren Samuel). Querverweise und stilistische Ähnlichkeiten lassen den Schluß zu, daß S. nach Abschluß der „Synopsis“ mit ausgiebiger Benutzung der Darstellung des Michael Attaleiates sein Werk bis 1079 fortsetzte (der sogenannte „Skylitzes continuatus“). Sonderberichte (z.B. die Schilderung des Aufstandsversuches der Bulgaren 1072) und teilweise vom Hauptwerk abweichende Urteile (z.B. über Michael Psellos) geben auch dieser Fortsetzung einen hohen Quellenwert.
Literatur
Hirsch, Friedrich: Byzantinische Studien. Leipzig 1876 (Nachdruck 1965).
Lieberich, Heinrich: Studien zu den Proömien in der griechischen und byzantinischen Geschichtsschreibung. Teil 2. Die byzantinischen Geschichtsschreiber und Chronisten. München 1900.
Gyóni, Mathias: Skylitzes et les Vlaques. In: Revue d’historie comparée 25 (1947) 155-173.
Colonna, Maria Elisabetta: Gli Storici Bizantini dal IV al XV secolo. Bd 1. Storici profani. Napoli 1956 (mit Bibliographie).
Moravcsik: Bd 1, 335-341 (mit Bibliographie).
Tsolakes, Eudoxios: He synecheia tes chronographias tou Ioannou Skylitze. Thessalonike 1968 (mit Bibliographie).
Ioannis Scylitzae Synopsis Historiarum. Editio princeps. Hrsg. Ioannes Thurn. Berlin 1973. = Corpus Fontium Historiae Byzantinae. 5. (mit Bibliographie).
Hunger, Herbert: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner. Bd 1. München 1977, 389-393. = Byzantinisches Handbuch. 5.
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