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Kumunduros, Alexandros, griechischer Politiker, * Selitsa (Mani, Südpeloponnes) 1817, † Athen 10.03.1883.
Leben
Nach Absolvierung der Primär- und Sekundärschule in Nauplia und Athen studierte K. Jura an der Universität Athen. Danach nahm er am kretischen Aufstand (November 1840 - März 1841) an der Spitze einer Freiwilligentruppe aus seiner Heimat Mani teil. Nach Griechenland zurückgekehrt, betätigte er sich zunächst als Sekretär von General Theodoros Grivas und wurde dann 1847 vom Kabinett Ioannis Kolettis zum stellvertretenden Staatsanwalt am Landgericht Kalamata ernannt. 1850 quittierte er den Staatsdienst, um sich politisch zu betätigen, kandidierte bei den Wahlen vom September 1850 für die Kolettis-Partei und kam als Abgeordneter seiner Heimat Messenien ins Parlament. Vom Oktober 1855 bis zum 2. Juli 1856 amtierte er als Präsident des Abgeordnetenhauses. Am 2. Juli 1856 übernahm er das Wirtschaftsministerium im Kabinett des Dimitrios Vulgaris, das er auch in der nachfolgenden Regierung des Athanasios Miaulis bis zu seiner Demission am 21. Juni 1860 behielt. Ihm verdankt Griechenland die günstige Regelung der Frage der Tilgung der ausländischen Schulden im Jahre 1859.
Nach dem Aufstand vom 22. Oktober (10.10.) 1862, der zur Entthronung Ottos führte, wurde er in der Übergangsregierung von Dimitrios Vulgaris zum Justizminister ernannt (23.10. 1862), dann übernahm er das Wirtschaftsministerium in den Kabinetten von Diomidis Kiriakos (8.04.1863) und Venizelos Rufos (11.05.1863). In der zweiten Regierung nach Georgs I. Thronbesteigung (19.10./l.11.1863), dem Kabinett des Konstantinos Kanaris (18.03.1864), amtierte er zunächst als Justiz-, Kultus- und Erziehungsminister und übernahm dann (6.08.1864) das Innenministerium. Am 14. März 1865 wurde er vom König zum Premierminister ernannt und mit der Durchführung der ersten Wahlen unter Georg I. beauftragt (26.05.1865). Es waren die ersten unverfälschten Wahlen in Griechenland. Nach einer kurzen Regierungszeit im November 1865 übernahm er zum drittenmal die Regierungsbildung am 30. Dezember 1866. Wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Thron in der Frage der Handhabung des kretischen Aufstandes (1866-1869) trat er am 1. Januar 1868 zurück. Bei den von Vulgaris am 2. April 1868 durchgeführten gefälschten Wahlen wurde er nicht gewählt, führte jedoch den Kampf mit seiner Zeitung „Ethnikon Pnevma“ (Nationaler Geist) fort. Nach den Wahlen vom 28. Mai 1869 kam er wieder ins Parlament und wurde am 15. Dezember 1870 mit der Regierungsbildung beauftragt. Er blieb bis zum 10. November 1871 an der Macht. Neben dem Amt des Ministerpräsidenten behielt er auch die Ministerien des Inneren und der Verteidigung. Die (ungefälschten!) Wahlen vom 30. Juli 1875 brachten ihn als Sieger hervor. Sein viertes Kabinett, in dem er auch das Innenministerium innehatte, dauerte vom 27. Oktober 1875 bis zum 7. März 1877, folgenden kurzlebigen „ökumenischen“ Kabinett von Kanaris (7.06.1877) und folgte ihm unmittelbar als Ministerpräsident (23.1. 1878). Die Wahlen vom 5. Oktober 1879, die von Charilaos Trikupis durchgeführt wurden, brachten ihm den Sieg. Seine letzte Regierungszeit dauerte bis zum 22. März 1880, als er infolge der nach dem Berliner Kongreß entstandenen Komplikationen das Amt an Charilaos Trikupis abtreten mußte. Er übernahm jedoch bald wieder die Regierungsgewalt von diesem (25.10. 1880) und regelte mit der Türkei die Frage der an Griechenland abzutretenden Gebiete (Thessalien mit dem Arta-Gebiet). Trotz dieser günstigen Lösung der „nationalen“ Frage unterlag er bei den Wahlen vom 1. Januar 1882 und mußte die Regierung an den Sieger, Trikupis, abtreten (10.03.1882). Er starb ein Jahr später in Athen. K. repräsentierte diejenigen bürgerlich-liberalen Kräfte in Griechenland, die im Zuge einer in der 2. Hälfte des 19. Jh.s ansetzenden Industrialisierung den Weg vom autoritären Oiio-Regime zur parlamentarischen Demokratie unter Trikupis ebneten und soll deshalb als dessen Wegbereiter gelten. Dies kam schon bei seiner parlamentarischen Jungfernrede 1853 zum Ausdruck, als er die politischen Verflechtungen des Räuberwesens anprangerte und als er später, 1871, als Innenminister das erste Gesetz zu dessen Bekämpfung durchsetzte, dann durch seine Bemühungen zur Regelung der Ausländsanleihen und zur Stärkung des inländischen Kapitals in derselben Regierungszeit, weiter durch sein Jonglieren in der „nationalen Frage“, um im Spiel der europäischen Außenpolitik die Balance halten zu können (1865/67, 1878/80), ferner durch die Sanierung des Wahlsystems im Sinne einer „gut“ funktionierenden bürgerlichen Demokratie seit 1865 und nicht zuletzt durch die Verfechtung der Rechte des Parlaments gegenüber denjenigen der Krone, des sog. „ausdrücklichen Vertrauens“, das dann zur Grundlage der Politik von Trikupis, aber auch zur Achse der politischen Auseinandersetzungen zwischen dem Hof und der gewählten Legislative nach ihm werden sollte.
Literatur
Suppression de l'échelle mobile en Grèce. Discours prononcés par M. A. Koumoundouros, ministre des finances. Paris 1859.
Koumoundouros, Alexandros: De l’impôt foncier dans le royaume de Grèce. Paris 1861.
Kasimatis, Aristidis: I politia tis kiverniseos Kumunduru pros tin dikeosinin ke ta dikastiria. Athen 1867.
Gulimis, Panos: Logos is mnimin tu aimnistu A. Kumunduru. Bukarest 1883.
Bikélas, Dimitrios: Coumoundouros. Souvenirs personnels. Montpellier 1884.
Rodopulos, Georgios: O A. Kumunduros ke i prosartisis tis Thessalias. Athen 1935.
Mazarakis, Periklis I.: Politike fisiognomie: Ch. Trikupis, A. Kumunduros. Athen 1946.
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